Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung

Walenstadt, 03.12.2023

Vier Geschichten, die zeigen, was Menschen mit Behinderung bewegt und was sie sich von der Gesellschaft wünschen.

 

Christian war Lastwagenfahrer.
Er übte diesen Beruf mit grosser Leidenschaft aus. Vor sechs Jahren erlitt er wegen eines Sturzes ein schweres Schädelhirntrauma. Seither hat sich sein Leben stark verändert. Durch seine Hirnverletzung hat er ein schlechtes Kurzzeitgedächtnis. Er ermüdet schnell, kann sich nicht lange konzentrieren und hat oft Kopfschmerzen. Wegen diesen Langzeitfolgen war es ihm nicht möglich, wieder in seinen erlernten Beruf oder überhaupt in den ersten Arbeitsmarkt zurückzukehren. Umso mehr schätzt er es, dass er im Viv Quimby eine Arbeit ohne Druck ausüben kann. «Hier habe ich eine Tages- und Wochenstruktur und das Gefühl eingebunden zu sein», erklärt er. Er schätzt die Begegnungen, den Umgang auf Augenhöhe und den Humor. Weil man ihm seine Behinderung nicht ansieht, muss er sich im Alltag erklären und die Menschen darauf aufmerksam machen. Er hat gelernt damit umzugehen, weil ihm dann viel Verständnis und Hilfsbereitschaft entgegengebracht wird. Christian wünscht sich mehr Geduld und Verständnis von den Menschen. Sie sollen erkennen, dass Menschen eine Behinderung haben können, auch wenn man es nicht auf den ersten Blick sieht.

Oliver war gerade mal 24 Jahre alt, als er eine Hirnblutung erlitt.
Er lag 5 Wochen im künstlichen Koma. Die Ärzte befürchteten das Schlimmste. Doch als er erwachte, konnte er seine engsten Freude beim Namen nennen und sich an vieles erinnern. Die Freude darüber war gross. «Ich habe glücklicherweise keine Ausfälle oder Lähmungserscheinungen, jedoch gewisse Erinnerungslücken», erzählt Oliver. «Ich kann mich beispielsweise nicht mehr an die Woche vor dem Ereignis oder die letzten Ferien erinnern.» Seine Behinderung sieht man Oliver nicht an. Das ist mitunter nicht leicht für ihn, da er sich erklären und manchmal rechtfertigen muss. Seit etwas mehr als zwei Jahren lebt Oliver im Viv Selun. Zuerst wohnte er in einem WG-Zimmer. Aktuell lebt er in einem Wohnstudio und trainiert, damit er möglichst selbstständig leben und wohnen kann. Oliver fühlt sich gefördert, unterstützt und als Teil der Gesellschaft. Für die Menschen mit Behinderung wünscht er sich mehr Gleichberechtigung. Seine Botschaft: «Menschen mit einer Behinderung sollen nicht auf ihre Behinderung reduziert werden!»

Brigitte lebt seit rund vier Jahren im «externen Wohnen» von Viv Imboden.
Das selbstbestimmte Leben in der Wohngruppe gefällt Brigitte sehr. «Hier kann ich meinen Alltag selbst regeln. Ich plane die Woche, gehe einkaufen und koche selber. Das finde ich toll.» Bei gewissen Aktivitäten erhält Brigitte Unterstützung von Viv-Mitarbeiter:innen. Beispielsweise beim Wochenplan. Er ist für Brigitte besonders bedeutungsvoll, damit sie weiss, wann was läuft oder welche Termine anstehen. «Abschalten», das ist für Brigitte ebenfalls wichtig. Beim Spielen oder wenn sie ihre Lieblingsseifenoper am Fernseher schaut, kann sie das besonders gut. Brigitte wünscht sich mehr Rücksicht und Akzeptanz für Menschen mit einer Behinderung. Deshalb ist Brigittes Botschaft: «Wir sind keine Mars-Menschen – wir sind auch Menschen!»

Köbi ist gelernter Landwirt und hat viele Jahre als Lagerist gearbeitet.
In seinem 46. Lebensjahr erlitt er innerhalb weniger Monate zwei Schlaganfälle. Seither ist seine linke Körperhälfte gelähmt. Dies hat zur Folge, dass er nicht mehr beide Hände benutzen kann. Deshalb kann er nicht mehr seiner gewohnten Arbeit nachgehen. Sein Weg ist dennoch ein Weg voller Erfolge und Zuversicht: Nach dem Akutspital kam er in eine Rehaklinik. Danach wechselte er in die Sozialrehabilitation von Viv Selun. Da er wieder in seine Heimatregion zurückkehren wollte, wohnte er anschliessend im Viv Quimby. Obwohl die Lähmungen geblieben sind, bewohnt er mittlerweile eine eigene Wohnung. Unterstützt wird er dabei von einer Reinigungskraft und der Wohnbegleitung durch Viv Cavere. Um eine sinnvolle Wochenstruktur zu haben, arbeitet er in der Tagesstruktur von Viv Quimby. Lange hat er nur im Holzatelier gearbeitet. Irgendwann hat er das Textilatelier ausprobiert und gemerkt, dass ihm das Nähen ebenso viel Freude bereitet. Ein freudiges Erkennen und auch ein Erfolgserlebnis. Köbi hat für sich erkannt, dass er nicht in den gewohnten Arbeitsalltag zurückkehren kann, dass aber andere Ziele möglich sind. Beispielsweise die Selbständigkeit daheim oder wieder besser laufen zu können, um kleine Wanderungen zu unternehmen. Köbi ist motiviert, interessiert und offen, denn er hat ein sehr positives Wesen. Köbi wünscht sich mehr Offenheit von den Menschen. Denn für ihn ist es einfacher, wenn ihn die Leute offen ansprechen. Dann kann er erklären, warum er zum Beispiel etwas schief geht und kann Vorurteilen entgegenwirken.

Wir sind Viv.